Beim Placida-Tag entwickeln die Lernenden zum 60. Geburtstag der Schule Solidaritätsaktionen für die weltweiten Aufgaben der Ordensgemeinschaft
Anlässlich seines 60. Geburtsages möchten die Schülerinnen und Schüler des Placida-Viel-Berufskollegs gerne Geschenke verteilen – und zwar an die Gründerinnen und Gesellschafterinnen ihrer Schule, den Schwestern der heiligen Maria Magdalena Postel. Bei dem jährlich stattfindenden Placida-Tag beschäftigten sie sich am Dienstag mit den weltweiten Projekten der Ordensgemeinschaft und der Frage, wie sich dafür Spenden organisieren lassen. Am 6. Dezember sollen die übergegen werden.
Die Namensgründerin der Schule, die selige Schwester Placida Viel, war die zweite Generaloberin der Ordenskongregation und 1862 zugleich die Gründerin der ersten Niederlassung in Deutschland. Sie wurde bereits von ihrer Vorgängerin, der heiligen Maria Magdalena Postel, auf Reisen geschickt, um Spenden für den Aufbau des Mutterhauses in der Normandie zu sammeln. Somit war sie bereits die erste Fundraiserin.
„Vor diesem Hintergrund finde ich es großartig, dass Sie zu dem Geburtstag Ihrer Schule eine solche Spendenaktion starten und nicht nur zu einem Festakt einladen, der Schülerinnen und Schüler eher langweilen würde“, erklärte die Generaloberin der Ordensgemeinschaft, Schwester Maria Thoma Dikow, bei der Abschlussandacht in der Kapelle des benachbarten Walburgisgymnasiums.
Placida Viel habe Brücken in andere Länder und zu vielen Menschen gebaut. „Als sie ihre Mitschwestern im deutsch-französischen Krieg anwies, sich um verletzte Soldaten zu kümmern, war ihr deren Nationalität nicht wichtig. Und so kam es dazu, dass französische Schwestern deutsche Soldaten pflegten und umgekehrt“, berichtete Schwester Maria Thoma – „Ebenso gibt es heute überall in der Welt Menschen, die unsere Hilfe brauchen. Internationale Solidarität ist eine wichtige Aufgabe für unsere Gesellschaft.“ Genau dafür stehe diese Spendenaktion.
„Dingdong – open your door“
So wollen die Schülerinnen und Schüler zum Beispiel Waffelstände in der Schule oder in der Stadt organisieren, Spendenläufe starten oder eine „Dingdong – Open your door“-Aktion durchführen. „Der Name ist uns heute Morgen eingefallen. Dahinter steckt die Idee, dass wir jeweils in unserer Nachbarschaft von Haustür zu Haustür gehen, anschellen, die Ordensgemeinschaft kurz vorstellen und um eine Spende bitten“, erläutert Schülerin Lena Maciejewski. Die 17-jährige besucht seit dem Sommer den elften Jahrgang des Beruflichen Gymnasiums am Placida-Viel-Berufskolleg. Und sie gibt zu, bei diesem Placida-Tag zum ersten Mal von dem internationalen Engagement der Ordensgemeinschaft gehört zu haben. „Ich finde es beeindruckend, was die Schwestern weltweit leisten. Und ich fand es spannend, sie heute aus der Nähe zu erleben.“
Neben Schwester Maria Thoma waren auch Generalsekretärin Schwester Theresia Lehmeier, die Missionsprokuratorin Schwester Klara Maria Breuer und Schwester Theresita Maria Müller mit nach Menden gekommen, außerdem Winfried Meilwes als Referent der Missionszentrale und vier ehemalige Missionarinnen und Missionare auf Zeit. Sie haben einen einjährigen Freiwilligendienst in einem der Einrichtungen der Ordensschwestern in Bolivien, Brasilien, Mosambik oder Rumänien geleistet.
Schwestern stehen Rede und Antwort
Schwester Maria Thoma stellte einigen Klassen zum Beispiel die Arbeit in den sozialen Zentren am Stadtrand der Stadt Leme in Brasilien vor: „Dort bieten unsere Schwestern mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Kindern aus armen Familien über den Schulunterricht hinaus eine Hausaufgabenbetreuung, Freizeitgestaltung und vor allem ein warmes Mittagessen an. Vor allem die warme Mahlzeit überzeugt viele Familien, uns ihre Kinder anzuvertrauen. Denn die könnten sie sich oft nicht leisten.“
In der Schulaula des Walburgisgymnasiums präsentierte Schwester Theresia Lehmeier den Einsatz der Ordensgemeinschaft an sechs Standorten in Bolivien: „Dort leben und lernen 4800 Kinder in den Einrichtungen unserer Schwestern. Die wichtigste Aufgabe ist es, dass sie üben Verantwortung zu übernehmen und etwas lernen. Denn nur durch Bildung können sie der Armutsspirale entkommen.“
Und Winfried Meilwes organisierte sogar eine Liveschaltung zu den Standorten der Schwestern in Rumänien. Dort war die Sozialarbeiterin Juliana Ciceu zugeschaltet, die von den vielen kleinen Wundern berichtet, die sie in den beiden Kinderhäusern, dem sozialen Zentrum und dem Haus der Zukunft für Jugendliche erlebt: „Einer unserer Jungs, der aus schwierigen Verhältnissen kam und in der Schule nie besonders gut war, lebt jetzt bei Ihnen in Deutschland. Er hat nach seinem Schulabschluss bei uns in Deutschland eine Ausbildung gemacht, geheiratet und inzwischen zwei Kinder. Das zeigt uns, dass alles, was wir machen, einen Wert hat.“
Freiwilligeneinsatz als MaZ
Wertvolle Arbeit leisten ein Jahr lang auch die Missionarinnen und Missionare auf Zeit. In einem Raum blickten Emma Kersting und Francesco Ciociola auf ihr Einsatzjahr in Balsas in Brasilien bzw. Tarija in Bolivien zurück. Francesco Ciociola hatte selbst früher das Placida-Viel-Berufskolleg besucht und hier 2014 sein Abitur gemacht.
Sie stellten sich den interessierten Fragen der heutigen Placida-Schülerinnen und Schüler: etwa, ob sie kein Heimweh gehabt hätten, wie lange es dauerte, in den Ländern neue Bekanntschaften zu schließen oder wie es dort angesichts der fremden Sprachen mit der Verständigung klappte.
Die angehende Kinderpflegerin Elena Felde fand das sehr spannend: „Ich hatte schon öfter mal über ein Auslandsjahr nachgedacht, aber noch nie etwas von Missionaren auf Zeit gehört.“ Da sie fließend Russisch, gut Englisch und Deutsch spreche, habe sie – was das Erlernen einer weiteren Sprache angeht – wenig Bedenken. Nun will sie überlegen, sich für das kommende Jahr zu bewerben.
Schule so groß wie noch nie
Durch den Placida-Tag lernten viele Schülerinnen und Schüler den vielfältigen, internationalen Einsatz der Ordensgemeinschaft besser kennen. „Und genau das ist unsere Absicht“, unterstreicht Schulleiterin Gaby Petry. Ihr Dank galt vor allem Schulseelsorgerin Chantal Köhler und ihrem Team für die gelungene Vorbereitung: „Wir haben uns gedacht, dass das eine schöne Art und Weise ist, unseren 60. Geburtstag zu feiern.“
Den begeht das Placida-Viel-Berufskolleg durchaus mit etwas Stolz. Gaby Petry verweist darauf, dass „unsere Schule mit 535 Lernenden heute so groß wie noch nie zuvor“ – und angefangen habe alles mit einer Pflegevorschule im Jahr 1961.
Glückwünsche sprach im Namen der Geschäftsführungen auch der Geschäftsführer der SMMP-Walburgisschulen, Raphael Ittner, aus: „Sie zeigen an dieser Schule, dass die Werte in den Einrichtungen der Schwestern der heiligen Maria Magdalena Postel nicht nur ein Versprechen sind.“ Als einen Punkt griff er die Gerechtigkeit heraus, die angesichts aktueller gesellschaftlicher Entwicklungen zu einer immer größeren Herausforderung werde: „Es geht darum, dass jeder das bekommt, was er braucht. Du dazu leisten Sie hier einen wichtigen Beitrag.“
Um Gerechtigkeit geht es auch in dem Gleichnis aus dem Matthäus-Evangelium über den Mann, der seinem Diener Talente anvertraut. Das hatte sich Pastor Uwe Knäpper für die Abschlussandacht ausgesucht. Der Satz „Denn wer hat, dem wird gegeben werden und er wird im Überfluss haben; wer aber nicht hat, dem wird auch noch weggenommen, was er hat“ scheint vordergründig für die immer weiter auseinandergehende Schere zwischen Arm und Reich zu stehen.
Schülerinnen und Schüler sollen Talente entfalten
„Aber das Talent ist nicht nur eine Währung, sondern hat natürlich eine doppelte Bedeutung“, betonte Knäpper. Es gehe auch darum, seine Begabungen, die man hat, zu nutzen und zu vermehren.“ Den Schülerinnen und Schülern wünschte er, dass ihnen das bei den bevorstehenden Spendenaktionen gelingen möge.
Dafür erhielten alle Klassen jeweils ein Startkapital von 50 Euro. Das sollen sie möglichst bis zum Nikolaustag am 6. Dezember vermehren. Ob mit „Dingdong – Open your door“ oder Spendenläufen.
Und etwas Geld für eine Geburtstagsparty wird auch übrigbleiben. Denn Raphael Ittner übergab Gaby Petry und ihrer Stellvertreterin Kerstin Kocura noch einen Scheck über 1500 Euro: „Und damit sollen sie wirklich feiern dürfen.“
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