Eine voll besetzte Kirche, 200 Jugendliche auf einer Bühne, 1400 Menschen im Publikum, Botschaften von äußerst berühmten Menschen, die das alles unterstützten, und eine große Medienberichterstattung in Print und Fernsehen: Eine größere Resonanz hätte sich die Gedenk- und Mahnveranstaltung „Augen auf! Für Menden“ nicht wünschen können.
„Es wird Zeit, dass etwas verändert wird“, sagte AHR-Schüler Leon Rostek sehr bestimmt. Und seine Klassenkameradin Mia Golenko stellte fest: „Es erregt Aufmerksamkeit.“
Das zeigte sich gleich zu Beginn, als feststand, dass die St.-Vincenz-Kirche, in der der Gottesdienst stattfand, vollbesetzt war. Es wurde ein Zeichen gegen Rechts, gegen Rassismus und Intoleranz gesetzt. Und an dem geschichtsträchtigen 9. November wurde auch an das Leid der Juden und anderer Verfolgter in der NS-Diktatur erinnert.
Schulleiterin Gaby Petry machte dabei den Anfang, erinnerte sich an ihre Studienzeit, als sie in einem Altersheim eine Holocaust-Überlebende betreute. Eindrucksvoll schilderte sie die Geschichte der Dame, gab sie weiter an die vielen jungen Gottesdienstbesucher. Chantal Köhler („Placida“-Schulseelsorge) brachte den Zweck der Veranstaltung dann auf den Punkt: „Wir wollen euch ermutigen, für mehr Menschlichkeit, Akzeptanz und Zivilcourage zu stehen.“ Pastor Uwe Knäpper stellte fest: „Ihr Jugendlichen habt euch diesen 9. November zu eigen gemacht. Ihr seid Vorbild für Menden und unsere gesamte Gesellschaft. Dazu gehörten auch Kinder der Anne-Frank-Grundschule die gemeinsam mit „Placida“-Schülerinnen eindrucksvolle Sätze lasen.
Nach dem Gottesdienst zogen alle zum Mahnmal „Ort des Erinnerns“ in der Hochstraße. Vorweg trugen die SV-Schülerinnen Selina Spallek und Maya Klostermann mit dem Kranz der Stadt Menden, den sie gemeinsam mit Bürgermeister Martin Wächter und Gaby Petry niederlegten. Es folgten SV-Schüler mit Kerzen, die ebenfalls abgestellt wurden. Nach der Verlesung der Namen der Ermordeten Mendener zogen alle Anwesenden am Mahmal vorbei und verneigten sich.
Damit war die Veranstaltung jedoch noch nicht zu Ende. In der Eventfabrik „Schmelzwerk“ war durch die Veranstalter ( Stadt Menden und das „Placida“) mithilfe von Sponsoren (Rotary-Club Menden, die Stadtwerke, LAM, die Sparkassenstiftung , die Mendener Stiftung Denkmal, Bürgermeister Martin Wächter sowie die Bäckerei Niehaves) ein Konzert auf die Beine gestellt worden. Bei der Vorbereitung, der Durchführung und der Fortführung halfen wieder Künstlerpaar Corinna Häußler und Nils Bonk von Einz Design
Gleich zu Beginn gab es eine beeindruckende Videobotschaft einer 97-Jährigen. Die Holocaust-Überlebende Margot Friedländer erzählte: „Wir hatten eine Jugend wie ihr. Wir hätten nie geglaubt, dass so etwas passieren könnte. Und dann ging alles so schnell.“ Sie berichtete kurz vom Schicksal ihrer Familie und bat die Jugendlichen: „Ich möchte, dass ihr die Zeitzeugen seid, die wir nicht mehr lange sein können. Damit so etwas nie wieder passiert. Seid vorsichtig, lasst euch nicht reinreden. Damals hat es so angefangen, wie es jetzt ist.“
Die jüdische Bloggerin Juna Grossmann, die am Abend eine Lesung in Menden hatte, betrat kurz die Bühne und rief: „Wo Antisemitismus möglich wird, ist die Demokratie in Gefahr. Lasst euch nicht verbiegen, macht weiter so, es ist großartig!“. Andere Promis sendeten ebenfalls Videobotschaften: unter anderem Rockstar Bryan Adams, die Reggae-Band Culcha Candela, Langlauf-Europameister Jan Fitschen, Ex-BVB-Profi Patrick Owomoyela, die Radio-MK-Moderatoren und 1-Live-Moderator Benny Bauerdick. Organisiert hatte dies der Mendener Peter Hoppe.
Zwischendurch gab es Musik von Schülern, anmoderiert von Johannes Ehrlich (Pressesprecher der Stadt) und Denise Rüscher (Radiomoderatorin). Und zwar Auftritte der Spitzenklasse. Egal ob Klein oder Groß, auf der Bühne zeigten sie, was in ihnen steckt und sangen ihre Botschaften hinaus. Beteiligt waren das Gymnasium an der Hönne, die Realschule Menden, die Gesamtschule Menden und das Walburgisgymnasium. Vom „Placida“ sangen die Schülerinnen der AHR 11b mitreißend auf der Bühne. Viel Applaus und ein Meer von Taschenlampen-App-Lampen im Publikum brachte der Solo-Auftritt von Arlene Severing. Und das Lied der Gottesdienst-AG rührte dann manch einen zu Tränen: „Meine Mama sagte mir, wir sind alle gleich“ lautete der Refrain ihres selbst komponierten und getexteten Liedes, bei dem sie von Schulsozialarbeiterin Irina Rebbe an der Geige und Musiklehrer Matthias Schneider am Klavier begleitet wurden – Gänsehaut!
Irina Rebbe war neben Thomas Zimmermann ( Jugendpfleger der Stadt Menden) und Uschi Schulte-Pieper (Kluse) der Motor der Veranstaltung.
Und es gab auch viele ganz spezielle „Placida“-Momente. Wenn zum Beispiel AHR-11b-Klassenlehrerin Brigitte Mühlekamp beim Auftritt ihrer Klasse begeistert ein selbst gemaltes Plakat zur Unterstützung schwingt. Oder wenn Schulleiterin Gaby Petry beim Interview auf der Bühne richtig viel Applaus von ihren Schülern bekommt. Oder wenn „Frau Rebbe!“-Rufe durch das Schmelzwerk schallen. Das zeigt: Da halten Menschen zusammen, wertschätzen sich, haben gemeinsame Ziele.
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