Placida-Viel-Berufskolleg

Menschen achten, stärken und qualifizieren

Der erste Jahrgang der „Placidaschule“

Ein fröhliches Wiedersehen im "Placida". Foto: SMMP/Hofbauer
Ein fröhliches Wiedersehen im „Placida“. Foto: SMMP/Hofbauer

„Hier stand mein Bett!“, rief die Dame, als sie ins Lehrerzimmer trat. Nach vielen Jahrzehnten besuchten zehn Ehemalige das Placida-Viel-Berufskolleg.

Am 1. Oktober 1967 waren sie und zwölf andere als erster Jahrgang in das neue Gebäude an der Dechant-Röper-Straße eingezogen.

Vor 50 Jahren: Die Schülerinnen in Schulkleidung. Foto: SMMP
Vor 50 Jahren: Die Schülerinnen in Schulkleidung. Foto: SMMP

Bis dahin hatte die Krankenpflegevorschule „Private Frauenfachschule der Heiligenstädter Schulschwestern“ geheißen. Die Schule hatte Räumlichkeiten im Dachgeschoss des Walburgisgymnasiums gehabt. Im Garten des „Lyzeums“ waren nun eigene Räume für die Pflegevorschule, die ab 1965 auch eine zweijährige Berufsfachschule geworden war, gebaut. Und es gab nicht nur eigene Räume, sondern auch einen eigenen Namen: „Placidaschule“, nach einer Generaloberin des Ordens der Schwestern der Heiligen Maria Magdalena Postel.

Nach zwei Jahren hatten die Schülerinnen die Berufsfachschule beendet; blieben sie ein weiteres Jahr, machten sie auch den Realschulabschluss.

Was erwartete denn nun Regina Bottenberg (geborene Dahlmann), Marlies Reder (Michel), Veronika Schauerte (Sträter), Ingrid Wieczorek (Gromowski), Eva Krause (Ogan), Margarete Kuplin (Neugebauer), Christel Randelhoff (Böhn), Reinhild Eibert (Wurzel), Bärbel Voelkel (Kochalksi) und Anita Schäfer (Schrant) in der neuen Schule?

Die erst Vierzehnjährigen kamen aus der ganzen Umgebung, aus dem Ruhrgebiet, dem Münstlerand und dem Hochsauerland nach Menden. Nun waren sie getrennt von ihren Familien, die sie nur alle sechs Wochen besuchen durften. Die Mädchen bezogen Zweierzeimmer in der ersten Etage, im zweiten Jahr dann Einzelzimmer in der zweiten Etage. Der Tagesablauf in dem Internat war sehr geregelt, die Erziehung durch Schulleiterin Schwester Felzitas Hellmann sehr streng: Schule bis 13.15 Uhr, dann Mittagesen im Speisesaal und schließlich „Ämter machen“ (spülen, putzen, bügeln). Von 14.30 bis 15.15 fand eine Lernstunde in totaler Stille statt, danach wurde Kaffee getrunken. Nach einer weiteren Lerneinheit von 16 bis 18 Uhr gab es Abendmusik und eine Abendrunde. Dabei wurde Musik von Udo Jürgens gehört oder Sendungen mit Kuhlenkampf im Fernsehen geschaut. Um 20 Uhr mussten alle ins Bett gehen. Gesprochen werden durfte dann nicht mehr.

Zu ihrer Schulzeit war hier noch der Speiseraum, nun findet sich hier ein Klassenzimmer. Foto: SMMP/Hofbauer
Zu ihrer Schulzeit war hier noch der Speiseraum, nun findet sich hier ein Klassenzimmer. Foto: SMMP/Hofbauer

Es gab zudem eine Schulkleidung, die die „Placida“-Schülerinnen als „blaue Armee“ in ganz Menden kenntlich machte: Sie bekamen zwei blaue Kleider, zwei weiße Schürzen, einen Kunststoffkragen und für Sonntags einen blauen Faltenrock mit weißer Bluse und blauer Strickjacke. Am Kragen trugen sie während der Probezeit eine schwarze Schleife, dann – als Zeichen, dass sie aufgenommen waren – eine Brosche.

Sie verließen die Schule nur, um zum Friseur zu gehen oder Praktika zu absolvieren (in den Ferien im Krankenhaus, zudem im Altenheim und zwei Mal pro Woche in Familien).

Unterrichtet wurden die Mädchen von Lehrern des Walburgis-Gymnasiums, zudem gab es eine Erzieherin. Wer sich nicht an Regeln hielt, durfte morgens um 5 Uhr Kartoffeln schälen oder Fenster putzen. „Hier herrschte Zucht und Ordnung, Schwester Felizitas war unheimlich streng“, da waren sich im Jahr 2017 alle Ehemaligen einig. Aber: „Die Gemeinschaft trug einen, die menschlichen Beziehungen waren unglaublich positiv.“

Harald Betken führte die Damen herum - und zeigte ihnen auch das sorgfältig aufbewahrte alte Schulkreuz. Foto: SMMP/Hofbauer
Harald Betken führte die Damen herum – und zeigte ihnen auch das sorgfältig aufbewahrte alte Schulkreuz. Foto: SMMP/Hofbauer

Bei all der Strenge: Die „Placidaschule“ genoß einen exzellenten Ruf, bewarb sich eine Schülerin um eine Stelle in einem Alten- oder Pflegeheim, musste sie kein Vorstellungsgespräch absolvieren. Es war einfach bekannt, dass sie viel gelernt hatten. Dem stimmten auch die zehn Ehemaligen zu. „Durch unsere Erfahrungen in der Schule ist uns vieles im späteren Leben leichter gefallen“, erklärte Veronika Schauerte, damals Klassensprecherin. Sie hielt übrigens Kontakt zum Orden SMMP, war später als Krankenschwester in der Pflegeabteilung des Bergklosters Bestwig tätig. Viele ihrer Mitschülerinnen arbeiteten als Krankenschwestern, zudem wurde eine Fachlehrerein und eine Heilpraktikerin. Einige haben noch Kontakt zueinander, die „Placida“-Freundschaften hielten.

Im Jahr 2017 erkannten sie vieles von ihrer alten Schule wieder. Das Treppenhaus, die Flure oder das alte Schulkreuz, das Haustechniker Harald Betken, der die Damen herumführte, hervorzauberte.