„Wir wollen uns einerseits erinnern und andererseits aus den Erinnerungen lernen“, fasste Schulseelsorgerin Anne Junker die Intention des „Tag gegen Rassismus“ zusammen.
Wie in jedem Jahr hatten die Schülerinnen und Schüler des Placida-Viel-Berufskollegs die Gelegenheit, sich mit den Themen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Gewalt und Hass auseinanderzusetzen. Seit 2012 ist das PVBK offiziell eine „Schule ohne Rassismus, Schule mit Courage“ und führt Aktionen durch.
Los ging es mit einem geistlichen Impuls in der Kapelle des Walburgis-Gymnasiums. Seyon Raveendran (AHR 11a) trug ein Gedicht vor („Wie seht ihr die Welt, meine Freunde?“), in dem er betonte, dass jeder Mensch gleich sei. Für seinen Appell gab es viel Applaus. „Seyon rockt“, erklärte ein Mitschüler begeistert. Die FHR-O1 zeigte ein Rollenspiel mit der Botschaft, sich zu engagieren, Unrecht zu bekämpfen und den Schwachen zu helfen. Es folgten pfiffige Fürbitten unter dem Motto „Ich pfeife auf Gewalt!“. Der Schulchor sorgte mit einem Lied für Gänsehautstimmung.
Schulleiterin Gaby Petry verlas dann ein Grußwort von Landrat Thomas Gemke, dem Schirmherrn der Aktion „Schule ohne Rassismus“ an der Schule. „Es ist eigentlich beschämend, dass die Ächtung von Rassismus, Diskriminierung und Menschenverachtung überhaupt noch Thema für uns ist. Gerade wir in Deutschland müssten doch aus unserer eigenen Geschichte gelernt haben, wohin Verblendung, Rassenwahn und Hass führen können“, schrieb der Landrat. „ Wir brauchen Menschen, die persönlich vorleben, wie wichtig Toleranz und Verständnis für eine funktionierende Gemeinschaft sind.“
Die Unterstufen beschäftigten sich wie immer mit Rassismus in der Vergangenheit. Da der bisherige Referent, Zeitzeuge Charly Kipper aus Iserlohn, leider im Januar verstarb, schauten die Schülerinnen und Schüler nun einen Film über sein Leben, den die Stadt Iserlohn produziert hatte: „13 Jahre Angst“. Es war sehr leise in der Aula des Walburgisgymnasiums, alle hörten zu. „Das war berührend“, sagte Lukas Schulz (FHR 11c). Auch Madita Dransfeld und Laura Helm (FHR 11a) stimmten da zu: „Es war eine sehr bewegende Stimmung.“ Was Laura zudem beschäftigte: „Sonst hört man immer von Handlungen der Nazis aus Berlin oder München. Aber Charly Kipper wohnte hier um die Ecke, in Iserlohn.“ Schüler, die sowohl Kipper persönlich als auch den Film erlebt hatten, waren sich einig: Auch wenn ein persönliches Treffen im letzten Jahr besser war, hatte der Film trotzdem seine Wirkung.
Danach besichtigten die Unterstufen ein eigens angefertigtes Museum. Wochenlang hatte Schulsozialarbeiterin Irina Rebbe sieben Räume mit Informationen zu den Themen „Krieg“, „Mütter in der NS-Zeit“, „Kindheit in der NS-Zeit“, „Soldaten“, „KZ“, „Einzelschicksale“ und „Juden“ ausgestattet. Nicht nur Texte auf Plakaten, sondern auch Fotos, Videos, Musik und Audio-Material bot Impulse. Zudem hatte sie aus Privatbesitz Soldatenbriefe erhalten. Fotos von gefallenen Mendenern, die gerade 18 oder 19 Jahre alt waren, berührten die gleichaltrigen Schüler heute zutiefst. Ein anderes erschütterndes Ausstellungsstück hatte Pfarrer Burckhardt Hölscher von der Evangelischen Kirchengemeinde in Iserlohn-Letmathe zur Verfügung gestellt: ein Original-Judenstern, den ein jüdischer Mitbürger in der NS-Zeit als Zeichen der Diskriminierung hatte tragen müssen.
Die Impulse, diese kurze, aber zutiefst betroffen machende Auseinandersetzung zeigte vielfach verschiedene Wirkung. Hie rund da flossen Tränen, andere wurden sehr still und nachdenklich, nutzten die Chance um sich ein Bild zu machen. Im Anschluss schrieben sie fiktive Biografien von Menschen aus der Zeit.
Die Oberstufen setzten sich indes mit Rassismus in der heutigen Zeit auseinander. Die SV-Lehrerinnen Dorothea Pietrzak und Inga Gerlings hatten viele Referenten eingeladen, denen die Klassen per Losverfahren in Workshops zugeteilt wurden. Deeskalationstrainer Sascha Schmittutz besuchte die AHR 13a und die FHR-O1, Marcus Osei von dem Anti-Rassismus-Centrum in Duisburg sprach mit der AHR 12b über versteckten Rassismus im Alltag, die AHR 12 a wurde von zwei Mitarbeitern des Projektes „Einstieg zum Ausstieg“ aus Recklinghausen informiert, wie der Ausstieg aus der rechten Szene gelingen kann und zwei Mitarbeiter des Staatsschutzes informierten die FHR-O2 über Rechtsextremismus.
Die KiSH-O sah einen schockierenden und sehr nachdenklich machenden Film über die Neonazi-Szene, der Integrationsbeauftragte der Stadt Menden Rüdiger Midasch berichtete der AHR 13b von seiner Arbeit und die FHR-O3 führte ein Fotoshooting über Engagement gegen Rassismus durch. Sevgi Kahramann-Brust, Koordinatorin von „Schule gegen Rassismus, Schule mit Courage“ sprach mit der FHR-O4 über Islamfeindlichkeit, vor allem über das Leben von Migrantinnen in Deutschland. „Es war schon beeindruckend zu erfahren, was diese Frauen alles geleistet haben“, resümierte Klassensprecher Daniel Grote. Fazit der Schüler: Viel Input in kurzer Zeit, vieles regte sehr zum Nachdenken an.
Am Ende fertigten die Oberstufen eine Wandzeitung über ihre Erfahrungen des Tages und ihre Gedanken für die Zukunft an.
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