Placida-Viel-Berufskolleg

Menschen achten, stärken und qualifizieren

Jüdisches Leben sichtbar gemacht

Die „augen auf!-AG des „PLacida“ und der Künstler Helmut Kruse machten mit Hunderten Kerzen den jüdischen Friedhof sichtbar. Foto: SMMP / Rebbe

Viele Menschen steckten über Monate viel Herzblut in die Aktionen. Und das spürte, sah und hörte man, die Aktionen zum 9. November waren einfach nur großartig. Sie erinnerten an die Novemberpogrome und das jüdische Leben seit 1700 Jahren in Deutschland.  

Das „Placida“ war wie jedes Jahr gemeinsam mit der Stadt Menden und der Mendener Stiftung „Denkmal und Kultur“ Organisator von „augen auf! Für Menden“. 

Dabei waren die Aktionen so vielfältig wie eindrucksvoll: Stadtrallye mit App, Kunstaktion mit 400 Kerzen sowie Gedenkveranstaltung mit Eröffnung der virtuellen Synagoge.  

Der Reihe nach. Los ging es für die „Placida“-Schülerschaft mit einer Stadtrallye, die das Vorbereitungsteam um Schulsozialarbeiterin Irina Rebbe mit einer App konzipiert hatte. Ziel: Nicht nur der Holocaust sollte vermittelt werden, sondern auch das jüdische Leben in Menden. FHR-Schülerin Nicci Schriefer zog folgendes Fazit nach dem zweistündigem interaktiven Spaziergang durch die Stadt: „Ich wusste nicht, dass es so viele jüdische Mitbewohner in Menden gab. Des Weiteren hat mich überrascht, wie viele Zeichen des Judentums es in Menden gibt. Zum Beispiel das Denkmal, das an die Synagoge erinnert, oder das Bild an der Geschichtssäule.“  Vanessa Scheutzel aus dem Abibildungsgang fasste es so zusammen: „Mir hat besonders gefallen, wie ernst unsere ganze Klasse den Tag genommen hat, da dieses Thema meiner Meinung nach viel zu wenig thematisiert wird.“ 

Bei der Stadtrallye legte die Schülerschaft Kerzen am Denkmal nieder. Foto: SMMP / Hofbauer

Im Anschluss an den Projekttag traf sich die schuleigene „Augen auf“-AG mit dem Mendener Künstler Helmut Kruse auf dem jüdischen Friedhof. Gemeinsam ordneten und entzündeten sie rund 400 Kerzen, um dem Friedhof für einen Abend einen ganz besonderen Glanz zu verleihen. „Die Licht-Installation auf dem Friedhof sah im Dunkeln sehr eindrucksvoll aus“, beschreibt es AG-Mitglied Jens Jakubetzki aus der Erzieher-Mittelstufe. „Für einen Abend leuchtet der jüdische Friedhof in Menden und keiner, der vorbeifährt, kann ihn nicht sehen“, fasste Irina Rebbe das stille und doch so starke Bild zusammen. 

Die „augen auf!-AG gestaltete auch die Gedenkveranstaltung in der Kirche mit. Foto: SMMP / Petry

Damit hatte die AG ihren Einsatz aber noch lange nicht beendet. Mit Pastor Uwe Knäpper und Schulseelsorgerin Chantal Köhler gestaltete sie in der St.-Vincenz-Kirche eine Gedenkveranstaltung mit einer kleinen Andacht. „Die Andacht war sehr ergreifend und sehr reduziert mit Blick auf das Wesentliche. Bewegend war die Gedenkzeit zur Musik von Schindlers Liste“, erzählte Schulleiterin Gaby Petry von ihren Eindrücken. 

Im Anschluss daran wurde auf dem Kirchplatz in einem tollen Ambiente die alte Mendener Synagoge wiedereröffnet – virtuell. Der Rotary-Club Menden-Sauerland hatte das Netzwerk tatkräftig darin unterstützt, mit Hilfe einer App das 1821 erbaute, 1938 geschändete und in den 1950er Jahren schließlich abgerissene Gebäude zu rekonstruieren und wieder für alle Menschen begehbar zu machen. Wie das geht? Einfach die „augen auf! Für Menden“-App heurunterladen und schon kann man nicht nur das jüdische Versammlungshaus betreten, sondern im Inneren auch verschiedene Projektergebnisse Mendener Schulen sehen und hören.

Das „Placida“-Projekt beschäftigt sich mit der Frage „Wer hat geholfen?“. Die „augen auf“-AG griff die Geschichte der Mendenerin Paula Mündelein auf, die in der NS-Zeit das Frankfurter Ehepaar Martha und Fritz Reinhardt aus Frankfurt versteckte. Eine Geschichte, die schon einige Mal veröffentlicht wurde, doch die jungen Leute forschten weiter, erzählten mehr. Denn die sonstige Lebensgeschichte der Reinhardts war noch nicht beleuchtet worden und da kam einiges zutage. Zum Beispiel, dass die Jüdin Martha Reinhardt, die selber kinderlos war, ihr Vermögen nach ihrem Tod in eine Stiftung umwandelte – die noch heute Kindern hilft. Aus dem Opfer, dem geholfen wurde, wurde wiederum eine Helferin. „Eine wirklich bewegende Geschichte,“ so Gaby Petry. 

Der Platz vor dem alten Rathaus war voller Menschen, die diesen Gedenktag zusammen begingen. Foto: SMMP / Jakubetzki

Es erfolgte noch die Kranzniederlegung am ehemaligen Standort der Synagoge durch Bürgermeister Dr. Roland Schröder. Und so erstrahlten in der Nacht das Denkmal und der Friedhof in hellem Licht in Gedenken an das jüdische Leben. 

In der Innenstadt wurde die Synagoge virtuell vorgestellt. Foto: SMMP / Petry

Jens Jakubetzki: „Es war wirklich sehr schön, es waren viele Menschen bei der Veranstaltung und die Präsentation der Synagoge fand ich sehr gelungen. Man konnte einen ersten Eindruck bekommen und Schüler jeder Schule haben etwas zu dem von ihnen beigetragenen Teil erzählt. Mein Highlight war es das fertige Ergebnis endlich sehen zu können, in das wir in den letzten Monaten wirklich viel Arbeit und Herzblut hineingesteckt haben.“