Betroffenheit, Schock, neue Einsichten, andere Sichtweisen – beim „Tag gegen Rechts“ am Freitag haben die Schülerinnen und Schüler des Placida-Viel-Berufskollegs viel erfahren.
„Danke für diesen tollen Tag“, schrieben einige am Nachmittag in die Reflexionsbögen. „Der Tag heute hat mein Weltbild verändert“, erklärte ein Schüler.
Die Organisatoren um die SV-Lehrerinnen Dorothea Pietrzak und Inga Gerlings sowie Sozialarbeiterin Irina Rebbe hatten einiges geboten, um die jungen Menschen über die Themen Rechtsextremismus und Rassismus aufzuklären. Der Tag begann mit einem Impuls in der WBG-Kapelle – etwa 170 Schüler und Kollegen erschienen dazu, und das freiwillig.
In der Aula am WBG hörten dann die Unterstufen-Schüler einen Vortrag von Carl-Heinz „Charly“ Kipper, der bereits zum dritten Mal am PVBK zu Gast war.
Charly Kipper ist der letzte jüdische Zeitzeuge, der den Holocaust in der Region noch erlebt hat. Der 87-jährige Iserlohner berichtete mit ruhiger, fester Stimme ohne Mikrofon den 250 jungen Leuten im Saal aus seinem Leben. Mucksmäuschenstill waren sie und erfuhren Dinge, die für viele geradezu unglaublich klangen. Zum Beispiel, dass der kleine Charly, der bis dato sehr beliebt bei seinen Mitschülern gewesen war, auf einmal von Lehrern wie Schülern ausgegrenzt und beschimpft wurde. Oder dass seine Mutter nach Theresienstadt und er selbst ins Arbeitslager verschleppt wurden. Bei Kriegsende waren von einst 64 Familienmitgliedern nur noch sechs am Leben, den Rest hatten die Nationalsozialisten ermordet.
Dem ergreifenden Vortrag schloss sich eine intensive Fragerunde an, am Saalmikrofon bildete sich eine Schlange. „Würden Sie sich rächen wollen?“, fragte beispielsweise eine Schülerin. „Nein, ich kann doch Gleiches nicht mit Gleichem vergelten“, erklärte Kipper.
Zahlreiche Schülerinnen und Schüler wollten dann unbedingt noch Charly Kipper persönlich kennenlernen: „Ich möchte nur einmal Ihre Hand schütteln“, „Vielen Dank, dass wir Ihre Geschichte hören durften.“, „Ich möchte gerne mit Ihnen fotografiert werden.“, „Ich habe riesengroßen Respekt vor Ihnen, Herr Kipper!“ Kipper signierte zudem zahlreiche Bücher.
Die Oberstufenschüler beschäftigten sich mit den Themen Rechtsextremismus und Rassismus in der heutigen Zeit.
In der KI-O war beispielsweise Jens Keienburg von der Flüchtlingsberatung Iserlohn der Diakonie Mark-Ruhr zu Gast – und hatte selbst noch einen Gast mitgebracht, nämlich einen Herrn aus Afghanistan, der hier in Deutschland Asyl sucht. „Der Mann hat in Afghanistan als Dolmetscher für die Amerikaner gearbeitet. Nun wird er von den Taliban verfolgt. Es ist schlimm, dass er in seinem eigenen Land nicht friedlich leben kann“, schildert Schüler Dean Crossland seine Eindrücke. „Es ist toll, dass er sich bereit erklärt hat, uns das alles zu erzählen“, ergänzt Verena Gertchen. Die Schülerinnen und Schüler erfuhren so viel über die Probleme von Asylsuchenden in Deutschland.
In der FHR-O2 informierten zwei Mitarbeiter des Staatsschutzes die Jugendlichen über Rassismus und Rechtsextremismus, zum Beispiel anhand von rechtsextremen Liedern. Güler Karaman von der Integrationsagentur der AWo Hagen erläuterte der AHR 12a, wie die Integration von Migranten gelingen kann und Marcus Osei von dem Anti-Rassismus-Centrum in Duisburg sprach mit der AHR 12b über versteckten Rassismus im Alltag, zum Beispiel auf Schulhöfen. Die HEP-U wurde von zwei Mitarbeitern des Projektes „Einstieg zum Ausstieg“ aus Recklinghausen informiert, wie der Ausstieg aus der rechten Szene gelingen kann.
Am Ende des ebenso informativen wie bewegenden Tages präsentierten die Oberstufen-Schüler Wandzeitungen, die nun einige Zeit lang in der Schule ausgestellt werden.
Die Schülerinnen und Schüler der Unterstufen hatten Karten mit den Lebensdaten von Mendener Bürgern bekommen, die in der NS-Zeit eines gewaltsamen Todes, zum Beispiel in einem Konzentrationslager, gestorben waren. Sie schrieben fiktive Geschichten dazu, versetzten sich in die Lage dieser Menschen. Die Geschichten werden nun gebunden und als „Buch der Erinnerung“ in der Schule ausgestellt.
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