Unsere Schülerin Jessica Pulter (AHR 12) berichtet von ihrer Erfahrung als Praktikantin bei der Kunstwoche für traumatisierte Kinder, die von dem Verein Innocence in Danger am Ruppiner See in der Nähe von Berlin organisiert wurde.
„In der letzten Woche vor den Sommerferien 2012 hatte ich die Möglichkeit das Praktikum zu machen, da ich hierfür von der Schule befreit wurde.
Elf traumatisierte Mädchen und Jungen im Alter von sechs bis 13 Jahren, die die Geschäftsführerin Julia von Weiler speziell auswählte, wurden mit ihren Bezugspersonen, seien es Elternteile oder Pädagogen, eingeladen.
Kunst soll den Kindern die Möglichkeit bieten, sich individuell auszudrücken. Die Intention dieser Woche ist also, den Kindern die Chance zu geben, Abstand vom Alltag zu finden und zu erfahren, Vertrauen wieder aufbauen zu können.
Das komplette Team bestand aus einer Psychologin, einer Sozialpädagogin, einem Koch und vier Künstlern, die ausgebildete Schauspieler, Sounddesigner, Regisseure und Theaterpädagogen sind.
Parallel begleitete die Kunstwoche die Fachhochschule Koblenz, die die Entwicklung von Resilenz (Widerstandfähigkeit) der Kinder testet. Einige Wochen nach der Kunstwoche befragte die Hochschule Kinder, Pädagogen und Künstler. Die Ergebnisse der Studie werden anschließend an verschiedene Jugendhilfeeinrichtungen in Form eines Konzepts weitergegeben.
Die Crew sowie Kinder mit Begleitung lebten zusammen in einem alten Gutshaus am See. Täglich fanden verschiedene Workshops im Bereich Fotografie, Schauspiel, Musik und Hörspiel statt, die die vier Künstler einzeln durchführten. Am Ende der Woche entstand hieraus ein eigenes Schattentheaterstück, was professionell aufgenommen wurde.
Zu meinem Aufgabenbereich gehörten die Begleitung der Workshops, die Hilfe in der Küche, sowie die Vorbereitung und Durchführung von Freizeitaktivitäten – kurz gesagt, ich war Mädchen für alles.
Die Workshops standen unter dem Thema „Gefühle und Gefühlsmonster“. Das heißt, dass die Kinder und Eltern in kleinen Gruppen hierzu arbeiteten. Beispielsweise haben wir die Wände in einer alten Villa mit verschiedenen Gefühlen zugeschrieben und es wurde in kleinen Rollenspielen gelernt, wie man Gefühle erkennt. Darüber hinaus sind wir durch die Natur gelaufen, haben Objekte zum Fotografieren gesucht, unter dem Motto Freude, Trauer und so weiter oder versuchten mal auf ganz andere Sinne einzugehen, wie das Hören von Vogelstimmen, des Sees oder das Laufen über das Gras.
Was meiner Meinung nach am pädagogisch wertvollsten war, war, dass wir die Kinder den ganzen Tag begleiteten. Sie haben erfahren, wie man Mahlzeiten zubereitet, den Tisch deckt und gemeinsam isst. Des weiteren brachten wir einigen Kindern das Schwimmen bei und sie lernten, dass es beim Fußballspiel nicht schlimm ist, zu verlieren. Außerdem war es spannend zu beobachten, wie sich die Kinder in den einzelnen Gruppen näher kamen und wie sie sich entwickelten. Über jedes Kind könnte man so viel berichten. Zu Anfang waren sie schüchtern und zurückhaltend, dann testeten sie ständig ihre Grenzen aus und zum Schluss hatte ich zu jedem Kind eine aufrechte Beziehung.
Die kleinen Momente, mit den Kindern zu lachen, mit ihnen zu kuscheln oder die Erfahrung, dass ich gemeinsam mit ihnen ein eigenes Lied auf der Gitarre geschrieben und gesungen habe, bleiben unvergesslich.
Mein Höhepunkt der Woche war allerdings, dass mir ein Mädchen ihre Geschichte anvertraut und über die häusliche Gewalt zu Hause gesprochen hat. Dieses Ereignis beweist, dass in einer Woche Vertrauen aufgebaut werden kann und diesen traumatisierten Kindern diese Woche bestimmt sehr geholfen hat.
Zusammenfassend war die Kunstwoche eine großartige Erfahrung für mich, bei der ich sehr viel darüber gelernt habe, mit traumatisierten Kindern umzugehen und selber eine Autoritätsperson zu sein. Ich habe unglaublich tolle Menschen kennengelernt, die ich im Bezug auf meine Zukunft als sehr prägend wahrnehme und stehe weiterhin mit ihnen in Verbindung.
Jessica Pulter
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